„Tarantel – Zeitschrift für Kultur von unten“ veröffentlicht im März 2006 eine Rezension von Gabi Anders (Autorin des Romans „Weißschwarz“):

Der Roman „Dilldöppchen“ von Marinus Münster lag eine ganze Weile auf meinem Bücherstapel neben dem Bett. Ich habe oft darin gelesen und konnte danach mit dem zuversichtlichen Gefühl einschlafen, dass es Menschen wie Markus Schlotterbek gibt – die Hauptfigur des 411Seiten Romans. Er arbeitet in einer Software-Firma, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommt und die Belegschaft hat mit drohenden Entlassungen und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Schlotterbek, Mitglied im Betriebsrat, setzt sich konsequent für die KollegInnen ein und ist bald selbst in seiner Existenz bedroht.

Die chronologische Form von Tagebucheinträgen aus der Perspektive von Schlotterbek schafft eine große Unmittelbarkeit. Obwohl mir die Welt der neuen Technologien fremd ist, kann ich mich nach kurzer Anlaufzeit in die betriebliche Situation der männlichen Hauptperson hineinversetzen.

Der Autor zeichnet ein komplexes Geschehen, das uns als LeserInnen teilhaben lässt an den Befürchtungen und Hoffnungen der Belegschaft. Wer schon mal als Betriebsrat an Sitzungen der Einigungsstelle teilgenommen hat, Rechtsschutz von der Gewerkschaft brauchte und in Betriebsversammlungen gegen Lohnverzicht und Arbeitszeitverlängerung aufgetreten ist, wird sich in diesem Roman wiederfinden, wem diese Erfahrungen fehlen, der kann was dazu lernen.

Das Leben außerhalb der Arbeit scheint dazwischen auf. Es gibt Stellen, die sind ganz unmittelbar, z.B. wenn das Fahrrad wieder kaputt ist, Schlotterbek vom Korbflechten erzählt, Freunde trifft oder LeserIn erfährt, was Schlotterbek`s Frau von der ganzen Sache hält.

Dieses Buch handelt von Menschen, über deren Alltag sonst kaum ein Buch geschrieben wird. „Sie sind genauso groß wie du und ich.“ Ihr Leben ist so interessant wie Ihres und meines. Wie sie handeln und was sie denken ist von Bedeutung. „Es kann und hat bereits die Kultur und den Gang der Geschichte verändert,“ wie der britische Historiker Eric Hobsbawm einmal gesagt hat (1).

Dem Autor ist ein Wirtschaftskrimi geglückt, der zwar abbildet, wie mühsam es sein kann zu kämpfen, für mich aber vor allem zeigt, wie sinnvoll und ermutigend es ist, davon zu erfahren.

(1) Eric Hobsbawm, Ungewöhnliche Menschen – Über Widerstand, Rebellion und Jazz, München 2001, S. 8