„Jeder macht das, was er nicht kann“(Christine Wohlfahrt in „Dilldöppchen“) |
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Lesungengab es bis Juli 2005 in Augsburg, Brannenburg, Kochel, München und Schweinfurt. Es folgen einige Veranstaltungsberichte: Auf Sendung mit Radio LORA MünchenIn der Sendung Literaturverhör des Münchner Radios LORA interviewte am 8. Juli 2005 die Schriftstellerin Kaouther Tabai („Das kleine Dienstmädchen“, Glaré-Verlag) Marinus Münster zu seinem Buch „Dilldöppchen“, das im Geest-Verlag erschienen ist. In der einstündigen Sendung las Münster eine Reihe von Passagen aus dem Roman vor. Es folgt eine gekürzte Fassung des Gesprächs. Tabai: Marinus, was heißt eigentlich „Dilldöppchen“? Münster: Das kommt aus dem Bergischen und heißt soviel wie Stehaufmännchen. Aber weil es so rumtanzt, wenn man es antippt, hat es auch etwas von einem einem Rumpelstilzchen. In der Geschichte spielen ziemlich viele Leute Rumpelstilzchen. Tabai: Magst du uns die Story zusammenfassen? Münster: Nach dem Platzen der IT-Blase will der Eigentümer der techno AG das Kapital aus der Firma herausziehen und die Leute auf die Straße setzen. Das könnte man ja noch verstehen, aber er ignoriert dabei alle Ansprüche der Angestellten auf Abfindungen und Überstundenguthaben. Da spielt der Betriebsrat nicht mit. Allen voran der Protagonist der Geschichte Markus Schlotterbek. Tabai: Wie reagiert da der Eigentümer? Münster: Er schickt Männer fürs Grobe in den Betrieb. Die setzen Markus Schlotterbek unter Druck, versetzen ihn, stellen ihn frei, kürzen sein Gehalt. Tabai: Und er sucht sich eine andere Stelle? Münster: Nein. Der Betriebsrat ist auch nicht ohne. Er vereitelt beispielsweise einen Versuch über eine Bilanzänderung Geld aus der Firma zu ziehen. Tabai: Das hört sich ja nach Wirtschaftkrimi an? Münster: Genau. Der Staatsanwalt kommt auch ins Spiel. Das Ganze spitzt dann zu und es ist bis zum Schluss nicht klar, wer gewinnt. Tabai: Wie hält der Markus Schlotterbek so einen Dauerkonflikt aus? Münster: Überhaupt nicht. Der spielt manchmal ganz schön Dilldöppchen. Tabai: Diese ganze Geschichte, hast du dir die ausgedacht, oder hast du da Vorlagen benutzt? Münster: Die beste Vorlage ist das wirkliche Leben. Das ist alles ganz authentisch. Ich habe selbst ein Vierteljahrhundert in der IT-Branche zugebracht. Natürlich sind alle Namen verändert … Tabai: … und diese Chris, die Frau vom Markus Schlotterbek … Münster: … ohne die das Buch viel zu trocken wäre. Da hat mir meine eigene Frau sehr geholfen. Die kommt selbst aus dem Bergischen und hat diese unverblümte Sprache. Als ich ihr eröffnete, dass ich den Roman schreiben will, kommentierte sie: „Nun ja, ein jeder macht das, was er nicht kann.“ Tabai: Das hab ich auch gelesen. Aber es scheint dich nicht abgehalten zu haben. Münster: Nein. Ich fand die Story einfach zu wichtig. Es passiert ja heute allenthalben. Und da hat sich mal ein Betriebsrat nicht ganz ohne Erfolg gewehrt. Da muss man doch verbreiten, wie der das denn geschafft hat. Tabai: Du sagst, dass du hauptberuflich Software-Entwickler bist. Du hast mir vorhin erzählt, dass deine Frau dagegen Computer hasst. Wie passt das zusammen? Münster: Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Bei Chris und Markus in dem Roman ist es so ähnlich. Dilldöppchen in München am 1. Mai 2005Strahlende Sonne am ersten Mai in München, der dazu noch auf einen Sonntag fiel, da standen die Chancen für die Lesung im kleinen Kulturladen Westend nicht besonders. Auch wegen der Konkurrenz der unzähligen anderen Kulturveranstaltungen in der bayerischen Hauptstadt. Dennoch: Marinus Münster las unterstützt von Klaus Eckardt (Gesang) und Annette Hübel (Klavier) aus seinem Roman Dilldöppchen vor einem Dutzend ZuhörerInnen. Diese Veranstaltung war etwas Besonderes. Nicht nur weil die Erzählung betrieblicher Auseinandersetzungen in einem New-Economy-Unternehmen mit historischen Arbeiterliedern umrahmt wurde. Sondern auch, weil eine Reihe der ZuhörerInnen den wahren Hintergrund der Geschichte kannten, ihn selbst miterlebt hatten und nun als Vorbilder der Romanfiguren mit ihrer Umsetzung in einer sehr subjektiven Erzählung konfrontiert wurden. Jedenfalls hat’s allen Beteiligten gefallen und sie beendeten die kleine Veranstaltung – wie es sich für einen solch schönen ersten Mai gehört – echt-münchnerisch im Biergarten. Marinus Münsters „Dilldöppchen“ in Kochel am See (22. März 2005)„Das war eine tolle Veranstaltung“, urteilten einhellig Heiko Tammena, pädagogischer Leiter der Georg-von-Vollmar-Akademie und das rund 25-köpfige Publikum. Marinus Münster las aus seinem New-Economy-Roman „Dilldöppchen“. Hans Gärtner sang und spielte dazu Lieder von Hannes Wader, Reinhard Mey und ihm selbst. Ein Großteil der ZuhörerInnen kamen von einem Mobbing-Seminar, das gegenwärtig an der Akademie abgehalten wird und waren daher besonders für das Thema des Romans empfänglich. In einer lebhaften Diskussion lobten sie den Realitätsbezug der Erzählung. Die positive Resonanz zeigte sich auch im Buchverkauf: Jede dritte TeilnehmerIn erwarb noch am selben Abend ein Exemplar. Das Bild zeigt Hans Gärtner mit Gitarre. |
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Zum Seitenbeginn | © Marinus Münster – Erstellt: 2009-12-15 |