„Jeder macht das, was er nicht kann“(Christine Wohlfahrt in „Dilldöppchen“) |
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„Isar-Loisachbote“ vom 03.03.2008: STADTBÜCHEREILiteratur, voll Spannung und LyrikWo waren sie denn? Die Literatur- und Kulturinteressierten, diejenigen mit Sinn für Entdeckungen abseits ausgetretener Pfade und TV-kompatiblen Empfehlungen? Vielerorts womöglich, jedoch nicht in der Wolfratshausener Stadtbücherei. Schade, denn sie haben die Lesung „Lichtworte“ verpasst. Wolfratshausen – Zugegeben, alleine die Bezeichnung Werkkreis Literatur der Arbeitswelt ließ im Vorfeld die Befürchtung aufkommen, es könnte sich bei den Mitgliedern um allzu leidenschaftlich-laienhafte und kulturbewegte Hobbyisten handeln, deren Schreibversuche gerne auch im persönlichen Rahmen bleiben könnten. Doch das Vorurteil sollte sich nicht bestätigen, denn die drei Autoren Ingeborg Struckmeyer, Marinus Münster und Horst Oberbeil gaben einen höchst variantenreichen und intelligenten Einblick in Literatur – voll Spannung, Unterhaltung, Lyrik und subtiler Gedanken. Angekündigt war auch der Wolfratshausener Autor Georg Walz, der aber aus gesundheitlichen Gründen hatte absagen müssen. So las Marinus Münster aus seinem sozialkritischen Buch „Die Seuche“ drei kurze Geschichten vor. Wie etwa die von einem Landwirtschaftsminister, der sich vor dem jüngsten Gericht verantworten muss und seine eigenen, stets wirtschaftlich geprägten Entscheidungen als Minister noch einmal als Leistungs-Huhn in einer Legebatterie erleben darf. Mit viel Humor legt Münster dabei aktuelle Themen offen und verbindet sie mit Widersprüchlichkeiten der modernen Gesellschaft. Die literarische Entdeckung des Abends war sicherlich Ingeborg Struckmeyer, die drei Kurzkrimis aus ihrem Buch „Tödliche Rache“ vortrug. Darin lotet sie geschickt und clever, aber immer mit lakonischem Selbstverständnis menschliche Abgründe aus. Subtil, intelligent, humorvoll und in bester britischer Krimimanier sind ihre Texte geschrieben, die den Anwesenden einen wohligen Schauer über den Rücken jagen ließen. Purer Hörgenuss also, dank einer klaren Sprache. Horst Oberbeil hingegen weckte mit seiner knappen lyrischen Form Interesse. Er entführte den Zuhörer in ein heißes, abgeschottetes Touristen-Ghetto, wie auch in ein Elendsviertel in Peru und in die Seelenwelt eines Menschen, der sich nach Liebe sehnt. Der Autor zeichnet romantische Bilder, um sie mit Konsequenz zu zerfleddern, schaft verbale Karikaturen und feinsinnigen Rundumschläge gegen den Kulturzwang. Wer genau hineinhörte in das Geflecht emotionaler Höhenunterschiede, verstand den Balanceakt des Autors und der Welt. Oberbeils Gedichte sind unterwegs: Auf dem Grat zwischen scheinbar Unversöhnlichem führen sie das Leben als nicht enden wollende nomadische Reise vor. CLAUDIA KOESTLER |
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Zum Seitenbeginn | © Marinus Münster – Erstellt: 2009-12-13 |