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Gebt der Unmenschlichkeit keine Chance!
Forderungen zur Vogelgrippe
Ich will nicht nur kritisieren. Die politische Führung in Deutschland und Europa macht einige Dinge richtig:
- Sie beginnt inzwischen die Grippe, an der allein in Deutschland jährlich 5000 Menschen sterben, ernst zu nehmen.
- Sie respektiert zum Glück die Wildvögel, indem sie sich auf Monitoring und Beseitigung von Kadavern beschränkt.
- Sie dämmt Tiertransporte und Vogelschauen ein. Diese sind für die betroffenen Tiere ohnehin nur mit Stress verbunden und für die Fortführung der Zucht nur in ganz geringem Ausmaß erforderlich.
Ihr Umgang mit dem freilaufenden Zuchtgeflügel ist jedoch weniger glücklich und von wirkungslosem Aktionismus geprägt. Insbesondere die Maßnahmen gegen kleine private Geflügelzuchten verstoßen gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit, gegen den Tierschutz, gegen Grundrechte und gegen die Verpflichtung zur Erhaltung der Haustierrassen. Sie bieten auch der Denunziation Raum und gefährden damit das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.
Damit kein unwiederbringlicher Schaden entsteht, fordere ich von der Politik:
- Geflügelscharen von bis zu 100 Tieren sollen nicht mehr aufgestallt werden müssen.
- Kein Flugverbot für Tauben.
- Tritt die Vogelgrippe in dem Bestand auf, so sollen bei solch kleinen Geflügelherden nur auf Verlangen der HalterIn hin die kranken Tiere getötet werden. Gesunde Geflügelbestände sollen überhaupt nicht gekeult werden.
- Kleine GeflügelhalterInnen (bis 100 Tiere), die sich gegen die bisherigen Aufstallungsverordnungen zivil ungehorsam verhalten haben, sollen durch eine Amnestie vor der Bußgelddrohung geschützt werden. Bereits gezahlte Bußgelder sollen zurückerstattet werden.
- Biobauern sind bei den Maßnahmen gegen die Vogelgrippe finanziell zu unterstützen. Unterstützungen sind insbesondere für zusätzliche Stallbauten zu gewähren. Für Erwerbseinbußen infolge der Seuche und der dagegen gerichteten Maßnahmen sind zinslose Staatskredite zu bewilligen.
Warum die Grenze „100 Tiere“?
- Weil diese geeignet ist, zwischen privater oder klassisch bäuerlicher Haltung einerseits und auf groß angelegter, auf Erwerb ausgerichteter Haltung andererseits zu unterscheiden. Privat gehaltenes Geflügel umfasst selten mehr als 50 Tiere, während professionell gehaltene Vögel in aller Regel viele Hundert bis hin zu zig Tausend betragen.
- Weil solch kleine Bestände nur ein kleines Risiko für die Ausbreitung der Vogelgrippe bzw. für deren Übertragung auf den Menschen bedeuten:
- Es besteht kaum die Gefahr, dass Zugvögel durch ausgelegtes Futter angelockt werden, während diese Gefahr bei größeren Beständen eher gegeben ist.
- Geflügelhandel gibt es bei Hobbyzüchtern frei laufenden Geflügels kaum. Dagegen wird allgemein die Gefahr der Ausbreitung der Seuche durch Tiertransporte, insbesondere durch illegalen Handel, als das größte Risiko eingestuft. Private HalterInnen kennen und beobachten ihre Tiere. Sie achten in aller Regel auf Hygiene. Die Zeit und die Kosten dafür spielen für sie eine untergeordnete Rolle.
Warum keine Aufstallung?
- Weil das Leben im Stall die Vögel, die freiheitsliebendsten Tiere überhaupt, quält. Hühner brauchen Staubbäder, Enten brauchen Wasser. Sie müssen sich bewegen, frisches Grün zupfen und Würmer, Insekten oder Schnecken fressen.
- Weil die Stallpflicht private HalterInnen überfordert. Um auch nur annähernd ausreichenden und stabil überdachten Platz für das Geflügel zu schaffen, müsste ein Vielfaches des Wertes der Tiere aufgebracht werden. Dies führt im Ergebnis zur Aufgabe der Zucht und damit zum Verlust der nur durch nichtkommerzielles Engagement erhaltenen Haustierrassen.
- Wenn HalterInnen die Zucht aufgeben, weil sie es nicht ertragen können, ihre Haustiere eingesperrt zu sehen, so ist damit die Entfaltung ihrer eigenen Persönlichkeit mit angegriffen. Menschen, die sich in privater Initiative über viele Jahre abgemüht haben, Geflügel ein möglichst artgerechtes Leben zu ermöglichen, lieben in aller Regel ihre Tiere. Ihnen durch unverhältnismäßige Auflagen dieses Lebenswerk unnötig zu zerstören ist auch grausam den betroffenen Menschen gegenüber.
Warum kein Flugverbot von Tauben?
- Weil Tauben fliegen müssen. Sie im Schlag zu halten bedeutet eine unerträgliche Grausamkeit. Oft sind die Taubenschläge klein, fensterlos und nicht zu reinigen, ohne dass die Vögel ausgeflogen sind.
- Weil die Tauben ohnehin recht resistent gegenüber der Vogelgrippe sind. Sie nicht fliegen zu lassen, schwächt dagegen ihr Immunsystem und ist daher kontraproduktiv.
Warum keine Keulung kleiner infizierter Bestände?
- Weil die Haustierrassen erhalten bleiben müssen und damit einen ähnlichen Schutz wie Wildvögel genießen sollten. Gegen die Vogelgrippe resistente Vögel sollen die Basis für die Weiterzucht bilden und nicht getötet werden. Gerade weil die Seuche so aggressiv ist, kommt es auf jedes einzelne überlebende Tier an, um den Genpool unseres Zuchtgeflügels zu erhalten. Bei kleinen Geflügelscharen ist die dabei in Kauf zu nehmende Gefahr sehr gering.
- Weil die privat gehaltenen Vögel den HalterInnen ans Herz gewachsen sind. Die sinnlose Tötung ihrer gesunden Tiere verstößt in unverhältnismäßiger Weise gegen ihre verfassungsmäßigen Grundrechte (Unverletzlichkeit der Würde, Freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit, Eigentum).
- Weil die Keulung in vielen Fällen zur Aufgabe der Zucht als solcher führt. Bereits der daraus entstehende materielle Schaden ist viel höher als typische Entschädigungszahlungen ausgleichen.
Warum keine Keulung der Bestände in der Umgebung?
- Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass bei Beachtung von Hygieneregeln die Vogelgrippe von einem Bestand zu anderen benachbarten übertragen wird. Dies gilt auch dann, wenn Wildvögel infiziert sind. Auf Rügen, wo sehr viele infizierte Wildvögel gefunden wurden, wurden dennoch keine Nutztierbestände mit dem Asia H5/N1-Virus infiziert. Die Keulungsmaßnahmen in der Umgebung eines Ausbruchs sind daher als sinnloser und gleichzeitig barbarischer Aktionismus zu verwerfen.
Warum die finanzielle Unterstützung betroffener Bio-Bauern?
- Weil die Bio-Bauern am wenigsten Schuld an der Krise und gleichzeitig unter den Menschen die Hauptleidtragenden sind. Ihre wirtschaftliche Existenz ist gefährdet.
Warum die Amnestie?
- Weil ein nicht unerheblicher Teil der privaten HalterInnen es trotz Strafandrohung nicht übers Herz gebracht hat, ihre Tiere einzusperren und ihnen damit die Lebensfreude zu nehmen. Natürlich müssen in einer Demokratie die BürgerInnen die Gesetze befolgen. Wenn aber Verordnungen offensichtlich gegen Tierschutz und Menschenrechte verstoßen und die notwendige Abwägung der Verhältnismäßigkeit vermissen lassen, ist ziviler Ungehorsam nicht nur ein Recht sondern eine Pflicht. Es darf nicht angehen, dass dieser auch noch bestraft wird.
- Weil das Denunziantentum in unserem Land mit der Aufstallungsanordnung einen gewaltigen Aufschwung genommen hat. Der Staat ist da gut beraten „wir haben einen Fehler gemacht“ zu sagen, um sich von all den selbsternannten BlockwartInnen und den NachbarschaftsmobberInnen zu distanzieren.
Druckansicht „Forderungen zur Vogelgrippe“ |